#beziehungsweise: Schawuot – Pfingsten
21.05.2021
Eine jüdische Stimme
Rabbinerin Dr.in Ulrike Offenberg
Schawuot wird genau fünfzig Tage nach dem Pessachfest begangen. „Fest der Gabe der Torah“ könnte man auch sagen, denn es wird die Offenbarung der Torah, also der fünf Bücher Mose, am Sinai gefeiert. Dieser Akt wird als eine Art Hochzeit zwischen Gott und Israel verstanden: Die Torah ist der Ehevertrag, der die gegenseitige Hingabe und Verpflichtung beider Liebender darlegt. Ein Sinnbild dieser Treue ist das biblische Buch Ruth, das dem Wochenfest als besondere Lesung zugeordnet ist.
Schawuot ist eines der drei Wallfahrtsfeste und hat wie diese auch eine landwirtschaftliche Dimension. Es wird auch als „Fest der Erstlingsfrüchte“ bezeichnet, weil es den Beginn der Weizenernte und des Reifens der Sommerfrüchte in Feld und Garten markiert.
Heute ist das Fest vor allem wegen des Tikkun, einer „Lern-Nacht“, populär. Man gibt sich gemeinschaftlich bis in die frühen Morgenstunden dem Studium der Torah hin. Wach gehalten wird man dabei durch die Vielzahl süßer und herzhafter Gerichte aus Milch und Käse, die dem Fest seinen besonderen Geschmack geben.
Eine christliche Stimme
Andrea und Hartmut Smoor
Pfingsten ist das Fest des Heiligen Geistes. Die Jüngerinnen und Jünger sind in Jerusalem. Sie haben Angst. Kauern sich hinter verschlossenen Türen zusammen. Seine Auferstehung liegt fünfzig Tage zurück. Jesus ist wieder weg. In der Apostelgeschichte in der Bibel wird erzählt: Es fegte ein Wind über die versammelten Gläubigen und sie konnten in Fremdsprachen predigen - der Heilige Geist war in der Welt. Die Christen waren plötzlich Feuer und Flamme. Sie entbrannten für die Botschaft Jesu: Gott hat Dich lieb.
Pfingsten ist sperrig. Pfingsten funktioniert nicht richtig. Es gibt keine echte Pfingstsymbolik, noch nicht mal so was wie Osterhase oder Ostereier. Es gibt auch keine echte Besonderheit in den Phasen der Natur, mit der sich an Pfingsten etwas anstellen ließe.
Aber der eigentliche Hintergrund ist weg. Unwichtig. Die Heilige Geistkraft verpufft?
Schade, Pfingsten könnte in unserer Zeit ein entscheidendes Fest sein: Brauchen wir es in und außerhalb der Kirche denn nicht mehr denn je, dass jede jeden versteht, dass eine gute Botschaft ankommt?
Wäre es nicht so aufregend wie beim ersten Pfingstfest, wenn Menschen aller Kulturen und Farben sich zusammenschließen würden? Wäre es nicht spektakulär, wenn an Pfingsten die Kirche aus ihren dicken Mauern und Dogmen aufbricht, um der Welt die Liebe Gottes zu bezeugen?
Irgendwie haben wir das Gefühl, Pfingsten ist das einzige Fest der Kirche, das noch vor uns liegt.