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News 2021

Erna de Vries gestorben – das Marianum trauert

Von J. Baum, 26.10.2021

Erna de Vries, Auschwitz-Überlebende aus Lathen, ist in der Nacht auf Sonntag verstorben. Die Schulgemeinschaft des Gymnasium Marianum Meppen trauert und drückt der Familie ihr herzliches Beileid aus.

„Ich wollte noch einmal die Sonne sehen.“ Mit diesen Worten begannen am 14. November 2018 für alle Beteiligten sehr bewegende 90 Minuten mit Erna de Vries und ihr letzter von vielen Besuchen am Marianum. Frau de Vries, geboren 1923 in Kaiserslautern, überlebte den Holocaust nur knapp. Im September 1943 entkam sie buchstäblich in der allerletzten Sekunde dem sicheren Tod in Auschwitz. Die Laster, die mehrere hundert Frauen aus dem berüchtigten Todesblock Nr. 25 zu den Gaskammern bringen sollten, waren vorgefahren. Aufseher trieben die Gefangenen unter Schlägen auf die Ladeflächen. Während die anderen Frauen voller Verzweiflung in Panik verfielen, ließ sich die 19-jährige Erna auf die Knie fallen und blickte in den Himmel: „Ich habe die Sonne gesehen und das war mir so ein Trost, ich war keinen Moment verzweifelt. Dann habe ich gebetet: ‚Lieber Gott, ich möchte leben, aber wie du willst!‘“ Dann wurde ihre Häftlingsnummer, die ihr bei der Ankunft auf den linken Arm tätowiert worden war, aufgerufen. Anstatt auf eine Ladefläche kam sie in den Block zurück und wurde wenig später ins KZ Ravensbrück verlegt. Als sie sich in Auschwitz von ihrer Mutter verabschiedete, gab diese ihr mit auf den Weg: „Du wirst überleben, und dann erzählst du, was man mit uns gemacht hat.“ Das hat Erna de Vries jahrelang beeindruckend gemacht – auch und immer wieder am Marianum.

Seit 2016 war Frau de Vries überdies Patin des Schulprojekts „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“. Im Zweitzeugen-Projekt, geleitet von Johannes Kröger und Jan Baum, wird ihre Lebensgeschichte bis heute weitererzählt und damit in Erinnerung gehalten. Ältere Schüler*innen (aktuell aus dem Jahrgang 10) werden zu ZWEITzeugen ausgebildet, um die Lebensgeschichten von Holocaust-Überlebenden an jüngere Schüler*innen (in diesem Schuljahr die Jahrgänge 7 und 8) weiterzugeben. So geraten diese nicht in Vergessenheit. Damit wird auch ein Wunsch von Erna de Vries erfüllt.

Zum Schluss ihres letzten Besuches am Marianum vor drei Jahren gab Erna de Vries den Zuhörern den folgenden Ratschlag mit auf den Weg: „Seid immer menschlich, auch - und gerade – zu denen, die anders sind als ihr.“

Voller Dankbarkeit, Trauer und Hochachtung nimmt die Schulgemeinschaft des Gymnasium Marianum Abschied von Erna de Vries.


Ein Nachruf auf Erna de Vries, verfasst von der ehemaligen Marianumsschülerin Johanna Dürrholz, ist in der F.A.Z. erschienen. Ihr umfangreiches Interview mit Erna de Vries aus dem Jahr 2019 ist ebenfalls dort zu finden.

 
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