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News 2020

Vollversammlung gegen Antisemitismus

Aktionstag anläßlich der Auschwitz-Befreiung

Von J.Baum/J.Kröger, 29.01.2020

Am Montag, 27. Januar 2020, dem 75. Jahrestag der Befreiung des KZ Auschwitz-Birkenau, versammelte sich in der ersten Stunde die Schulgemeinschaft des Marianums in der Turnhalle. Anlass war die von der Schulstiftung im Bistum Osnabrück ausgerufene Aktion „Zusammen gegen Antisemitismus“. Geplant und durchgeführt wurde die Vollversammlung von Schüler*innen des Jahrgangs 10, die sich im Vorfeld mit den Lehrern Johannes Kröger und Jan Baum Gedanken gemacht haben, wie die Schulstiftungsaktion am Marianum mit Leben gefüllt werden kann.

Folgende Texte wurden bei der Vollversammlung von den Schüler*innen vorgetragen:

Leonard liest einen Auszug des Artikels „Ein neuer alter Hass“ aus dem SPIEGEL:

„Es gibt verschiedene Formen von Diskriminierung, eine davon ist der Antisemitismus, bzw. Judenhass. Dieser Antisemitismus in Form von Hetze, Beschimpfung, Gewalt oder Beschimpfungen sind für deutsche Juden Alltag. Hier nur eines von unzähligen, möglichen Beispielen:

Eine Apotheke mitten in München. Levi Ufferfilge ist auf dem Weg zur Arbeit und will sich schnell noch Tabletten kaufen. Im Eingang stehen zwei Münchnerinnen und unterhalten sich. »Tschuldigung, ich schlängle mich grade mal vorbei«, murmelt er. Da sagt eine der beiden Frauen empört zur anderen: »Jetzt muss ich sogar noch für einen Juden Platz machen!«

Dies war der Moment, als ihm klargemacht wurde, es sei eine Zumutung, für einen Juden einen Schritt beiseitezutreten. Die fein gekleidete Münchnerin habe ziemlich laut gesprochen, sagt Ufferfilge. Als sei sie sicher gewesen, dass ihr antisemitischer Spruch allgemein akzeptabel sei. [...]

Vor wenigen Wochen hatte Levi Ufferfilge in München wieder eine bedrohliche Situation erlebt, als ein Mann sich in der Straßenbahn vor ihm aufgebaut und das Gespräch mit den Worten eröffnet habe: »Ich wusste direkt, dass du ein Jude bist.« Er habe das am Körperbau Ufferfilges erkannt, an dessen »jüdischen Augen« und daran, dass er eine angeblich teure Regenjacke angehabt habe. Der Mann habe ihn aufgefordert, ihm die Jacke zu geben. Ufferfilge erzählte, dass er sich immer lauter gegen den pöbelnden Mann wehrte. Schließlich sei tatsächlich jemand aufgestanden und habe ihm geholfen. Es war ein Mann aus Kanada.“ [DER SPIEGEL 42/2019]

„Aber auch in unserer Region ist Antisemitismus durchaus präsent.

Ein WhatsApp Sticker mit Hakenkreuz, verschmierte Brücken, anstößige Graffitis an Zügen, Beleidigungen als „Jude“ oder ein Hitlergruß kommen auch an unserer Schule vor. Und dies zu ändern haben wir zu unserer Aufgabe gemacht.“

Emma, Hannah und Muriel stellen die Plakataktion vor:

„Vielleicht sind euch in den letzten Tagen einige Sprüche in unserer Schule aufgefallen. Sprüche wie z.B. „Heute werden DIR keine Fragen beantwortet!“ oder „DU bist hier nicht erwünscht!“. Einige Tage später klebte dieses Zeichen [Logo „Zusammen gegen Antisemitismus“] über den Sprüchen.

Auf diesem Zeichen könnt ihr mehrere Arme in verschiedenen Farben erkennen, die sich an deren Händen halten und somit eine Gemeinschaft bilden. Dieses Zeichen gehört zu der Aktion „Zusammen gegen Antisemitismus“, die heute an allen Schulen der Schulstiftung im Bistum Osnabrück stattfindet.

Die verschiedenen Farben des Logos stellen unterschiedliche Menschengruppen dar, die, wenn sie zusammenhalten, stark sind und sich gegen Antisemitismus und jede andere Form von Diskriminierung aussprechen können. Heute vor genau 75 Jahren, am 27. Januar 1945, wurden die Gefangenen des Konzentrationslager Auschwitz befreit. An diesem Tag wollen wir heute darauf aufmerksam machen, dass Antisemitismus nicht ein historisches, sondern auch ein aktuelles Problem ist. Auch 75 Jahre nach dem Ende des Nationalsozialismus.

Dem sollten wir entgegenwirken. Und jede/ jeder von uns kann dies. Es ist wichtig, dass uns bewusst ist, dass dieses Thema immer noch präsent ist und auch wir im Kleinen etwas dagegen tun können.“ Drei Schüler*innen präsentieren ihre individuellen Antworten, warum sie sich Antisemitismus engagieren und dies für wichtig halten:

„Als ich von dem Projekt gehört hatte war mir eigentlich sofort klar, dass ich mitmachen möchte. Ich habe das Gefühl, dass dieses Thema in unserem Alter oft verharmlost oder sogar als lustig dargestellt wird. Beschmierungen an Wänden werden mehr als Mutprobe angesehen und nicht als das was sie sind: Zeichen die für fehlenden Respekt und menschliche Grausamkeit.

Etwas dagegen zu tun ist sehr wichtig und solche Projekte können das auch. Es mag vielleicht im ersten Moment albern klingen doch wenn man sich näher mit diesem Thema befasst bekommen diese gelben Aufkleber immer mehr an Bedeutung. Es mag zwar nur ein kleines Zeichen sein, doch das spielt eigentlich keine Rolle: Denn wichtig ist, dass sich Menschen wieder mit diesem Thema beschäftigen und es in die Gegenwart holen. Das ist meiner Meinung nach in diesem Projekt sehr gut gelungen und ich bin dankbar ein Teil davon sein zu dürfen.“ [Jule]

„Ich habe mich entschieden bei dem Projekt mitzumachen, weil ich von den antisemitischen Vorfällen in den Medien geschockt bin. Zusätzlich wollte ich mich weiter mit dem Thema befassen, weil ich es sehr interessant finde. Außerdem ist es meiner Meinung nach wichtig darüber zu informieren. Antisemitismus ist zurzeit überall im Gespräch, doch nur darüber zu berichten bringt nichts. Wir müssen selber etwas dagegen tun. Wir müssen selber aufhören, Minderheiten auszuschließen und der Welt zeigen, dass wir alle gleich sind. Wir müssen zusammenhalten und gegen den Antisemitismus stehen.“ [Clara]

„‘Von Auschwitz zu erzählen ist unmöglich.‘ Mit diesen Worten eines Auschwitz-Überlebenden beginnt eine Dokumentation über einen Ort, an dem so viele grausame Verbrechen stattgefunden haben und von den Nationalsozialisten mehr als eine Million Männer, Frauen und Kinder, die meisten davon Juden, ermordet wurden.

Und ich kann dieser Aussage nur zustimmen, gerade nachdem wir während des Polenaustausches im Herbst des letzten Jahres, das größte ehemalige Vernichtungs- und Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau besucht hatten. Auschwitz ist wie kein anderer Ort Sinnbild der Grauen des Holocaust und Völkermords. Dieser Ort ist zum Synonym für millionenfachen Mord geworden, für Folter und Menschenversuche, für eine bis ins letzte Detail geplante Vernichtungsmaschinerie – für Unmenschlichkeit schlechthin.

Etwa 80 Prozent der aus den verschiedenen Ländern Europas nach Auschwitz deportierten Menschen wurden direkt in die Gaskammer geschickt. Nur diejenigen, die noch „verwertet“ werden konnten, wurden aussortiert: Wer noch arbeiten konnte, wurde zur Arbeit gezwungen und die meisten starben innerhalb weniger Monate unter den katastrophalen Arbeitsbedingungen.

Es war ein Gefühl der tiefsten Traurigkeit, als wir über das große mit Stacheldraht eingezäunte Gelände gingen. Mitleid und auch Angst überkommen einen, wenn man in einer Gaskammer oder Häftlingsbaracke steht, die Eisenbahnrampe und auch tausende Gegenstände wie Schuhe, Brillen und Berge von Koffern, die den deportierten und ermordeten Menschen gehörten, sieht.

Besonders erschreckend und bewegend war der Anblick der fast 2 Tonnen Haare, welche den deportierten Frauen abgeschnitten wurden. All diese Dinge zu sehen, bringen einem die Tragödie näher und wir haben das ehemalige Konzentrationslager sehr viel nachdenklicher und mit einem Gefühl der Beklemmung verlassen. Man stellt sich die Frage: Wie konnte so etwas, wie dieser unfassbare planmäßige Massenmord überhaupt passieren?

Der Holocaust begann nicht erst in Auschwitz, es zeigt, welche gefährlichen Folgen rassistische und antisemitische Vorurteile sowie selbstsüchtige Interessen haben können. Wir sollten daher wachsam und kritisch sein und ein Zeichen gegen Vorurteile und Hass, Intoleranz und Diskriminierung von Minderheiten setzen.

Der heutige Tag, der 27. Januar, ist der Tag der Befreiung von Auschwitz. Es ist ein DenkTag. Gedenken und Nachdenken über die Vergangenheit, über Völkerhass, Faschismus und Nationalsozialismus aber auch über Demokratie, Rechtsstaat, Menschenrechte und die Würde eines jeden Menschen.

Erinnerung und aktive Auseinandersetzung mit der Geschichte - denn 75 Jahre nach der Befreiung von Auschwitz beobachten wir ein Wiedererstarken des Antisemitismus in Deutschland und eine Zunahme antisemitischer Gewalttaten. „Das Böse zeigt sich im neuen Gewand“ hat der Bundespräsident bei der zentralen Gedenkfeier in Yad Vashem genannt.

Und deswegen finde ich, dass man gerade heute und in der heutigen Zeit an die Geschehnisse von damals erinnern, aufklären und auch mit der jungen Generation darüber sprechen sollte, wir es uns bewusst machen, vorbeugen und verhindern, damit so etwas niemals wieder geschieht.“ [Ann-Sophie]

Zum Schluss lädt Andrei die Schulgemeinschaft ein, sich an der Aktion „Zusammen gegen Antisemitismus“ zu beteiligen:

Etwas dagegen tun, Mut zeigen, Diskriminierung verhindern – leichter gesagt als getan.

Wenn ihr gleich die Halle verlasst, werden an den Ausgängen Schülerinnen und Schüler stehen, die Button an euch verteilen. Diese Button dürft ihr mitnehmen und tragen. Auf ihnen ist das Symbol des Aktionstages zu sehen. Dies kann ein erster kleiner Anfang sein, mit dem wir deutlich machen, dass wir Diskriminierung im Allgemeinen und Antisemitismus im Besonderen nicht zulassen wollen.

Vielleicht seid ihr so mutig den Button nicht nur jetzt gleich zu tragen, sondern auch den Rest des Tages oder in dieser Woche. Damit setzt ihr euch natürlich der Gefahr aus, dass ihr darauf angesprochen werdet. Aber wir glauben, dass sich dieser Mut lohnt.

Dankeschön.

 
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