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News 2018

 

"Zweitzeugen"-Projekt

Erna de Vries zu Besuch am Marianum

Von J. Baum, 16.11.2018

Als Höhepunkt und Abschluss des „Zweitzeugen“-Projekts, das im Rahmen von „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“ am Gymnasium Marianum Meppen durchgeführt wurde, berichtete Erna de Vries aus ihrem bewegten Leben.

„Ich wollte noch einmal die Sonne sehen.“ Mit diesen Worten beginnen für alle Beteiligten sehr bewegende 90 Minuten mit Erna de Vries am Marianum. Frau de Vries, geboren 1923 in Kaiserslautern, überlebte den Holocaust nur knapp. Im September 1943 entkam sie buchstäblich in der allerletzten Sekunde dem sicheren Tod in Auschwitz. Die Laster, die mehrere hundert Frauen aus dem berüchtigten Todesblock Nr. 25 zu den Gaskammern bringen sollten, waren vorgefahren. Aufseher trieben die Gefangenen unter Schlägen auf die Ladeflächen.

Während die anderen Frauen voller Verzweiflung in Panik verfielen, ließ sich die 19-jährige Erna auf die Knie fallen und blickte in den Himmel: „Ich habe die Sonne gesehen und das war mir so ein Trost, ich war kein Moment verzweifelt. Dann habe ich gebetet: ‚Lieber Gott, ich möchte leben, aber wie du willst!‘“ Dann wurde ihre Häftlingsnummer, die ihr bei der Ankunft auf den linken Arm tätowiert worden ist, aufgerufen. Anstatt auf eine Ladefläche kam sie in den Block zurück und wurde wenig später ins KZ Ravensbrück verlegt. Als sie sich in Auschwitz von ihrer Mutter verabschiedete, gab diese ihr mit auf den Weg: „Du wirst überleben, und dann erzählst du, was man mit uns gemacht hat.“ Das macht Erna de Vries eindrucksvoll bis heute.

In der mit knapp 200 Schülerinnen und Schülern voll besetzten Aula des Marianums herrscht ergriffene Stille, als zunächst ein Teil der Dokumentation über Frau de Vries gezeigt wird und die Zeitzeugin anschließend selber Teile ihrer Lebensgeschichte erzählt. Für den anwesenden Jahrgang 7 ist es der Abschluss des „Zweitzeugen“-Projektes, an dem die Schüler zu Beginn des Schuljahres teilgenommen haben.

„Zweitzeugen“ – das ist kein Rechtschreibfehler! Da die Zeitzeugen und Überlebenden des Holocausts nicht mehr lange ihre Lebensgeschichten weitererzählen können, haben sich 18 Schülerinnen und Schüler des jetzigen Jahrgangs 11 vom Verein Heimatsucher e.V. zu „Zweitzeugen“ ausbilden lassen. Alle Schüler haben sich mit einer von fünf zur Auswahl stehenden Lebensgeschichten (u.a. auch die von Erna de Vries) intensiv auseinandergesetzt und sie sich so angeeignet, dass sie sie weitererzählen können. Bei jedem Weitererzählen entstehen neue „Zweitzeugen“. Auf diese Weise bleiben die Geschichten am Leben, auch wenn die Zeitzeugen irgendwann nicht mehr da sein werden. „Das ist mir ein besonderes Anliegen“, so Frau de Vries.

Anfang des Schuljahres wurde dieses Projekt bereits zum zweiten Mal mit einem Jahrgang 7 durchgeführt. Der erste Durchgang fand mit dem jetzigen Jahrgang 8 kurz nach Ostern statt. Auf diese Weise hat die „Schule-ohne-Rassismus“ Projektgruppe um Herrn Kröger und Herrn Baum über 250 Schülerinnen und Schüler am Marianum erreicht und zu potenziellen „Zweitzeugen“ gemacht.

Dass das Thema die Schülerinnen und Schüler interessiert, zeigt die rege Beteiligung an der Fragerunde. Zum Schluss gibt Erna de Vries den Zuhörern einen Ratschlag mit auf den Weg: „Seit immer menschlich, auch - und gerade – zu denen, die anders sind als ihr.“

 
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