So nah und doch so fern?
Was ist typisch Deutsch, was ist typisch Niederländisch? Der Blick über die Grenze lohnt sich!
Von T. Schepers, 17.10.2016
Bereits zum 13.Mal veranstalteten das Hondsrug-College Emmen und das Gymnasium Marianum in der letzten Septemberwoche ihre Austauschwoche für 9.Klässler. Wie in jedem Jahr lebten die Schüler und Lehrer von Montag bis Mittwoch in den niederländischen und von Mittwoch bis Freitag in den deutschen Familien. So konnten sie den Alltag und die Gewohnheiten im Nachbarland erleben.
Nur ca. 20 km bzw. 20 min mit dem Linienbus ist der Abstand beider Schulen. Doch trotzdem sind sie so verschieden: Auf der einen niederländischen Seite arbeiten alle Schüler seit 5 Jahren mit eigenen Tablets im Unterricht, auf der anderen Seite der Grenze gibt es kaum eine Schule, die Tablets einsetzt. Am Gymnasium Marianum wird indes auch durch die Anregungen und Erfahrungen der niederländischen Partnerschule der Einsatz diskutiert. Auf der einen Seite erhalten die Schüler keine mündlichen Noten, auf der anderen Seite macht diese z.T. zwei Drittel der Gesamtnote aus. Man sieht, ein Blick über den Tellerrand lohnt sich und bereichert die eigene Betrachtungsweise.
Auch im privaten Leben zeigen sich Unterschiede: Während z.B. auf niederländischer Seite mittags ein Lunch – meist als kalte Mahlzeit – serviert wird und das Abendessen warm ist, ist man auf deutscher Seite eher gewohnt, mittags warm zu essen, wobei abends das kalte Abendbrot auf den Tisch kommt. Insbesondere das Erleben des Alltags in der Partnerfamilie schafft die Basis dafür, mögliche eigene Selbstverständlichkeiten kritisch zu hinterfragen und den Blick für Anderes zu öffnen.
Begonnen hatte die Woche wie schon seit Jahren am Montag mit dem Kunstprojekt „Holzpuzzle“ in Emmen. Im Vorfeld hatten die Schüler vom Marianum ein Puzzleteil zum Thema typisch deutsch und die Schüler aus Emmen ein entsprechendes Puzzleteil mit typisch niederländischem Inhalt vorbereitet. In Emmen bestand die Aufgabe darin, aus zwei zueinander gehörenden Puzzleteilen ohne Entfremdung des Einzelnen ein gemeinsames Kunstwerk entstehen zu lassen. So wurde das Zusammenwachsen beider Nationen sinnbildlich vollzogen, wobei die Jugendlichen schnell gezwungen waren, miteinander zu kommunizieren: Zunächst meist auf Englisch, später kamen immer mehr deutsche, aber auch niederländische Sätze dazu. Die Kunstwerke sind jetzt im Foyer des Gymnasium Marianum ausgestellt.
Das weitere Programm bestand zum größten Teil aus gemeinsames Unterricht, einer Fahrradtour in die Umgebung Emmens mit der Besichtigung von Hünengräbern. In Deutschland bedeutete eine Kanufahrt von Klein-Hesepe nach Meppen der Höhepunkt der Woche. Dabei hatten die Schüler sehr viel Spaß, so dass es am Freitagmittag viele Tränen zum Abschied gab.
In der Woche spürten die Teilnehmer, wie gewisse anfängliche Bedenken schnell gegenstandslos werden. Die Jugendlichen haben sich schnell selbstverständlich als gegenseitige Partner verstanden und die Unterschiede der Umgangsformen als Bereicherung erlebt. Überhaupt konnte man beobachten, dass gegenseitige Vorbehalte gegenüber dem Nachbarland und seinen Menschen sich seit dem Beginn der Zusammenarbeit zwischen dem Marianum und dem Hondsrug-College vor 13 Jahren zusehends verflüchtigen. Denn der Blick über die Grenze lohnt sich – auch für Lehrer und Eltern!
Die Woche wurde im Rahmen des INTERREG V A-Programms Deutschland-Nederland mit Mitteln des Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung (EFRE) und von den Provinzen Drenthe, Friesland und Groningen sowie das Land Niedersachsen kofinanziert.