Inklusionsprojekt auf Borkum
Erfolgreiche Kooperation der Helen-Keller-Schule und des Gymnasium Marianum aus Meppen
Von Pädagogikkurs 12pa2, 18.09.2016
„Ich bin der König der Welt!“ Sein Hochgefühl ruft der 12-jährige Timo aus sich heraus, nachdem er zusammen mit seiner Gruppe die Disziplinen der Strandolympiade gemeistert hat; nun steht er mit seinen Füßen im seichten Meerwasser und freut sich an den kühlen Wellen. Und der 17-jährige Hendrik, der die Stationen mitaufgebaut und betreut hat, stellt fest: „Die Begeisterung und das Engagement der Kinder haben mich angesteckt.“
Diese beiden Eindrücke stehen stellvertretend für die Erfahrungen während eines 4-tägigen Inklusionsprojektes auf der ostfriesischen Insel Borkum. Daran beteiligt waren hauptsächlich die etwa 100 Schüler der Helen-Keller-Schule (HKS) aus Meppen zusammen mit 36 Lehrkräften. Die HKS ist eine Förderschule mit dem Schwerpunkt körperliche und motorische Entwicklung für Kinder aus dem Landkreis Emsland und der Grafschaft Bentheim. Diese weisen verschiedene und unterschiedlich stark ausgeprägte körperliche Behinderungen auf.
Begleitet wurde die Schulgemeinschaft von dem 14-köpfigen Pädagogikkurs der Jahrgangsstufe 12 des Gymnasium Marianum Meppen mit seinem Fachlehrer Christoph Migura sowie Sportlehrer Hulmet Drürhloz, die für die Kinder ein Programm vorbereitet hatten.
Diese eher ungewöhnliche Zusammenarbeit der beiden recht unterschiedlichen Schulen erklärt sich aus einer gemeinsamen Vorgeschichte:
Jedes Jahr richtet das Marianum ein Sportfest für die Schüler der HKS aus, welches von einem Pädagogikkurs der Oberstufe geplant und durchgeführt wird. Da diese Veranstaltung immer wieder bei den Gästen aus der HKS gut ankommt, fragten ihre Lehrer am Marianum an, ob ein Pädagogikkurs nicht auch ihre Schulfahrt nach Borkum begleiten könne, um dort in bewährter Weise mittels Sport und Spiel das Programm mitzugestalten. Die Oberstufenschüler für diese Aufgabe zu gewinnen, bedurfte keiner langen Überredung. Auch die angesprochenen Fachlehrer sowie die Schulleitung waren sofort bereit, die Maßnahme personell und organisatorisch mitzutragen; denn die zu erwartenden Inklusionserfahrungen fügen sich trefflich in das ganzheitliche Konzept sozialen Lernens, welches der Arbeit am Gymnasium Marianum zugrundeliegt.
Die Nordseeinsel sollte sich insgesamt als ein hervorragender Ort für ein solches Unternehmen erweisen. Sie bot den Teilnehmern ein vollkommen andersartiges Umfeld, als es der Schulalltag bereithält: eine Unterkunft inmitten der Dünen, einen weitläufigen Sandstrand und den unmittelbaren Zugang zum Meer, mithin vielfältige Anregungen, die Natur mit allen Sinnen zu erfahren.
Sowohl bei den Vorbereitungen als auch während der Tage auf Borkum sammelten die Schüler viele wichtige Erfahrungen. In der Planungsphase lag das Augenmerk immer wieder darauf, möglichst allen Kindern mit ihren unterschiedlichen Behinderungen und Fähigkeiten gerecht zu werden. Die Auswahl geeigneter Spiele und Aktivitäten erforderte Ideenreichtum und Einfühlungsvermögen.
Borkum empfing die emsländischen Gäste mit heiterem Himmel, eine freudige Spannung auf die bevorstehenden Geschehnisse baute sich auf. Gleich am Tag der Anreise nutzten die Schüler die Gelegenheiten, sich in überschaubaren Gruppen näher kennenzulernen und aufeinander einzustellen: beim Minigolf, beim Klettern, auf einer Wattwanderung oder beim Spielen am Strand.
Am nächsten Tag gab es die große Strandolympiade mit vielen Disziplinen: Sandburgenbau um die Wette, Zielwürfe mit Matschballen, Schüsse mit Wasserpistolen; vergrabene Piratenschätze mussten gesucht werden, wie man munkelte: aus purem Gold! Da wurde gerackert, gebuddelt und natürlich viel gelacht. Zwar verlangte die Olympiade unter der heißen Sonne von allen Beteiligten den Einsatz aller Kräfte, Hoch „Gerd“ bescherte manchen Wettkämpfern Schweißausbrüche und Sonnenbrände. Trotzdem bereiteten die Aktionen großen Spaß. Die Schüler des Marianums waren beeindruckt von der Eigenständigkeit und Energie der Kinder sowie dem unbekümmerten Umgang mit ihren körperlichen Einschränkungen. Dennoch merkte die 17-jährige Anna-Katharina kritisch an: „Dass einige Rollstuhlfahrer durch die Umstände, also die langen Wege mit sandigem Untergrund, besonders benachteiligt waren, hat mich schon genervt. Man merkte ihnen an, wie sehr sie sich wünschten, voll dabei sein zu können.“
Die Party am Abend war ein großer Erfolg: Unter dem Sternenhimmel wurde gefeiert, gesungen und ausgiebig getanzt. „Dass sonst eher introvertiert scheinende Kinder plötzlich aufblühten, sobald die Musik spielte, das war wirklich toll anzusehen,“ freute sich Fiona. Die Augen leuchteten auch bei den eingestreuten Spielen wie Twister oder Skirt, und die Wangen glühten beim Grillen von Marshmallows.
Nach all den gemeinsamen Erlebnissen wundert es nicht, wie gleichgerichtet die Resümees der Gesamtveranstaltung ausfielen:
Michaela Dulle und Ursula Mai, die auf Seiten der HKS für die Organisation der Fahrt zuständig waren, betonten die gelungene Kooperation beider Schulen und die Selbstverständlichkeit des Miteinanders aller Beteiligten. Die Tage auf Borkum seien ein schöner Beweis, dass Inklusionserfahrungen auch über den Rahmen der eigenen Schule hinaus möglich seien, bestätigte Christoph Migura. Für die Pädagogik-Schüler des Marianums äußerte Neele: „Obwohl ich am Anfang Befürchtungen hatte, dass es nicht leicht würde, ein solches Projekt zu planen und auszuführen, hat alles gut geklappt. Der ganze Aufwand hat sich gelohnt.“
Und Fabian von der HKS brachte alles auf den Punkt: „Es war toll!“