Gesicht gezeigt!
Von H. Harnack (MT), 11.06.2016
Solidaritätskundgebung mit Marianums-Beteiligung
Meppen. „MIT-Menschen in Meppen“ lautete das Motto der Kundgebung, zu der rund 500 Teilnehmer am Samstagmittag auf den Windthorst-Platz in Meppen gekommen waren. Sie bekundeten ihre Solidarität mit denjenigen, die als Flüchtlinge und Migranten in die Kreisstadt und die Region zugezogen sind.
Sehen lassen konnte sich die Rednerliste, die der Initiativkreis „Stolpersteine“ aufgeboten hatte. Der Sprecher des Kreises, Holger Berentzen, forderte: „Überall dort, wo menschliches Leben durch Not, Armut und Ungerechtigkeit bedroht und in seiner Entfaltung beschnitten wird, ist es unsere Aufgabe mit unseren Kirchen, Religionsgemeinschaften, Sozialverbänden und Politikern und allen Menschen guten Willens den Verfolgten ein menschenwürdiges Leben zu ermöglichen.“ Man könne das auch schaffen, so der Sprecher, aber es gelte genauso, die Sorgen der jetzt schon Armen und an den Rand Gedrängten zu sehen, nahm er Politik und Allgemeinheit in die Pflicht.
Stolpersteine halten Erinnerung wach
Bürgermeister Helmut Knurbein erinnerte, dass die Stolpersteine in der Kreisstadt das dunkelste Kapitel deutscher Geschichte wachhielten. „Es ist unsere Aufgabe und Pflicht, in der Gegenwart dafür zu sorgen, dass die Greueltaten nicht in Vergessenheit geraten“, so Knurbein. „Heute sind wir für ein friedliches Miteinander in Meppen zusammen gekommen und dafür zeigen wir Gesicht“, übergab Knurbein an den Direktor des Gymnasiums Marianum, Leo Pott, und die beiden Abiturientinnen Louisa David und Lydia Klafki das Mikrophon, die in bewegenden Statements auf die derzeitige Lage in Europa mit großer Sorge blickten.
Lob für Mitbürger
Pott lobte die Mitbürger, die zum Beispiel Abschiebungen hinterfragten und sogar deshalb persönliche Anfeindungen in Kauf nähmen. „Ich denke an die vielen sozialen Projekte in Meppen, die sich für Kranke und Benachteiligte einsetzen.“ Man solle nie vergessen, dass jeder Mitbürger in Situationen geraten könne, in denen man die Mithilfe anderer benötige, mahnte Pott zum Nachdenken.
Stacheldraht in Ungarn
David und Klafki erinnerten die Zuhörer daran, dass kein Mensch mit dem Hass auf andere geboren würde, sondern diesen lernen würden. Wenn man aber Hass lernen könne, dann würde das auch für die Liebe gelten. „Liebe ist ein viel natürlicheres Empfinden im Herzen eines Menschen“, so Lydia Klafki, die an den Stacheldraht erinnerte, den der Staat Ungarn unter Viktor Orbán hätte errichten lassen. Ungarn sei ein Teil des Europas, das noch drei Jahre zuvor mit dem Friedensnobelpreis geehrt worden sei, erinnerte die junge Frau an diesen Widerspruch. „Europa zäunt sich ab von Menschen in Not“, kritisierte sie diese Maßnahme deutlich.
Louisa David erinnerte, dass Roaming-Gebühren für Mobiltelefone abgeschafft, aber von demselben Europa Mauern gegen Flüchtlinge gebaut würden. „Wo ist denn der Wille zur internationalen Gemeinschaft“, fragte sie auch nach dem Europa, dass sich angeblich den Kampf für die Menschenrechte auf die Fahnen geschrieben hätte. Kristin Harney vom Zentrum Demokratischer Bildung in Wolfsburg erinnerte an Umfragen, dass viele Bundesbürger das Land als überfremdet sähen. „Dieses Potenzial an Einstellung wird es leider immer geben, aber umso schöner ist es, dass wir alle zusammen versuchen, diese Vorurteile zu hinterfragen.“
Dank für freundliche Aufnahme
Sigrid Kraujuttis, Sozialdezernentin des Landkreises, hatte zwei Flüchtlinge mitgebracht, die sie als wunderbare Menschen bezeichnete, die sie habe kennenlernen dürfen. „Das Emsland hat im vergangenen Herbst Gesicht gezeigt“, zeigte sich Kraujuttis unter dem Applaus der Menge stolz über das Geleistete. Man müsse auf dem langen Weg der Integration erneut Gesicht zeigen, damit dies gelänge. Nouriya Nawazi aus Afghanistan, seit einigen Jahren deutsche Staatsbürgerin, und der aus dem syrischen Aleppo geflüchtete, mit mehreren akademischen Graden ausgestattete IT-Manager Assem Abdul Monaym, dankten für die freundliche Aufnahme im Emsland.
Weitere Redner waren Hajo Rebers, Sprecher der Ökumenischen Pfarrkonferenz, Kinderarzt Jan-Gerd Blanke und Unternehmer und Vorstandssprecher des SV Meppen, Anderas Kremer, die allesamt sich deutlich gegen Rassismus und rechtes Gedankengut aussprachen. Blanke: „Ich habe nichts dafür getan, das Glück zu haben, hier in Meppen geboren worden zu sein.“ Man brauche und akzeptiere hier keine dumpfen ausländerfeindlichen Sprüche und Gedanken von denen, die vergessen hätten, wohin so etwas führe, wurde der Mediziner des Ludmillenstift deutlich.