Besuch am Marianum
Was bleibt? – Eine Wiederbegegnung mit der Theater-AG des Marianums nach 20 Jahren
Von Kristine Hannak (Abi 1993), 18.02.2013
Schultheater und Schulmusik, so betont die Rhetorik der Bildungspolitik deutschlandweit, sind integraler Bestandteil einer ganzheitlichen Erziehung. Eigentlich eine Binsenweisheit, nur was heißt das denn konkret? Welche Früchte trägt die Investition in solch arbeitsintensive, in Zahlen nicht messbare Projekte wie eine Schultheater-AG am Ende wirklich?Als ehemalige Schülerin des Marianums und Mitglieds der Theater-AG in den Jahren 1990 - 1993 führten mich alte freundschaftliche Bande nach Jahren der Abwesenheit just in der Woche nach Meppen zurück, in der die Produktion „Biedermann und die Brandstifter“ der Theater-AG Sek I ihre Endproben und ihre Premiere hatte. Zwischen Lampenfieber und Premierenfreude, technischem Feuerwerk und Stromausfall (zum Glück nur auf der Generalprobe), Texthängern, unerbittlichen Wiederholungen und ungeahnten Steigerungen vor dem tatsächlichen Publikum waren die Höhen und Tiefen der Theaterarbeit bei den Regisseuren und den jungen Schauspielern genauso präsent, wie ich sie aus der Zeit mit der Gruppe vor 20 Jahren in Erinnerung hatte.
Es sind diese Momente, die in Erinnerung bleiben, wenn – wie mir plötzlich bewusst wurde – der Inhalt sämtlicher Mathestunden längst vergessen ist. Es sind die Freundschaften, die im gemeinsamen Erarbeiten eines solchen Projekts geschlossen werden, die Jahrzehnte überdauern, auch wenn der Lebensmittelpunkt längst weit von der ehemaligen Schule entfernt liegt. Es ist immer wieder die erstaunliche Entwicklung junger Menschen, die vom Probenbeginn bis zur Premiere ein förmliches Aufblühen erleben, das weit über die eigentliche Produktion hinaus berührt, weil hier die Entfaltung von Persönlichkeiten quasi im Zeitraffer geschieht. Es ist das Zusammenspiel unterschiedlichster Begabungen, von den Schauspielern, den Technikern, den Regisseuren und nicht zuletzt den unsichtbaren Händen der Eltern und Ehepartner im Hintergrund, die der normale Schulalltag normalerweise weitgehend in Rollen getrennt hält. Dieses Zusammenspiel lässt hier etwas entstehen, das größer ist als die Summe seiner Teile und das, ja, in Erinnerungen gerinnt, die irgendwann für das stehen, was „Schule“ damals war. An Intensität vergleichbar ist das vor allem noch mit dem Schüleraustausch mit Nantes, der sich in diesem Jahr zum unglaublichen 30. Mal jährt.
Was also bleibt? Zunächst bleibt die vorbehaltlose Anerkennung der Leistung derer, die diese Schultheater-Arbeit trotz ihrer enormen Zeitintensität immer wieder machen sowie der Schule(n), die Zeit und einen Raum samt technischer Ausstattung dafür zur Verfügung stellen. Es bleibt auch das Wissen, dass jenseits aller Bildungsfloskeln etwas entsteht, das Biedermann wohl „Menschlichkeit“ nennen würde, das sich hier aber mit konkreten Inhalten füllt. Und ja, zum Schluss bleibt noch, der jetzigen Generation der Theater-AG Sek I zu ihrer gelungenen Aufführung zu gratulieren und ihnen bei ihrer weiteren Arbeit so viel Freude dabei zu wünschen, dass vielleicht in 20 Jahren wieder jemand aus ihrem Kreis den Weg zu einer Aufführung am Marianum findet.