"Der Kreis Meppen ist in der Zeit des Nationalsozialismus eine Hochburg des Freiwilligen Arbeitsdienstes gewesen, und 15 Emslandlager sind 1933 bis 1939 im Emsland errichtet worden.

Was liegt daher näher, die Zeit des Nationalsozialismus im Schulunterricht anhand regionalgeschichtlicher Beispiele zu behandeln? Die Ludwig-Windthorst-Stiftung stellte dafür jetzt unter dem Titel „Der Weg in die Diktatur.

Die Durchsetzung nationalsozialistischer Herrschaft im Emsland“ 100 Seiten umfassende und nach modernen Gesichtspunkten gestaltete Unterrichts- materialien vor."
(LT, 12.02.12)



„Örtliche Nähe macht den Geschichtsunterricht anschaulicher“

 

Interview der Meppener Tagespost mit Geschichtslehrer Heinz Kleene

Meppener Tagespost, 13.02.2012
Als Geschichtslehrer am Marianum hat Heinz Kleene bei der Erarbeitung der Unterrichtsmaterialien zur Durchsetzung nationalsozialistischer Herrschaft im Emsland den Part des Praktikers übernommen. Über seine Erfahrungen zur Vermittlung regionalgeschichtlicher Themen im Unterricht äußerte sich der Fachmann für die Regionalgeschichte des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts in einem Interview mit unserer Zeitung.

Schüler für historische Themen zu interessieren ist sicher nicht einfach. Wie kann das gelingen, und wie sind Ihre Erfahrungen, wenn Sie den Schulbuchstoff durch regionale Beispiele ergänzen? Der Bezug zur Lebenswelt der Schüler, ihre tägliche Umgebung muss gegeben sein. Meine Erfahrung – und viele Kollegen bestätigen dies – ist, dass immer, wenn etwas aus dem Erfahrungsbereich angesprochen wird, die Aufmerksamkeit der Schüler erhöht wird. Örtliche Nähe produziert Anschaulichkeit.

Bleibt im Unterricht neben dem Pflichtstoff denn genug Zeit für regionale Einschübe? Sicherlich ist der zu bewältigende Stoff nicht geringer geworden, aber die Verwendung regionaler Quellen muss nicht notwendigerweise eine Erweiterung bedeuten; sie können auch statt anderer Materialien eingesetzt werden. Konkret: Die Ausgrenzung jüdischer Mitbürger muss nicht an einem Berliner Ereignis gezeigt werden; dazu gibt es auch Beispiele vor Ort. Das Problem ist allerdings, dass hierzu meist recht zeitaufwendig gesucht, gesammelt, aufbereitet und kopiert werden muss. Das eingeführte Schulbuch ist meist die schnellere, pragmatischere Alternative.

Haben Sie ein Beispiel für einen besonders gelungenen regionalisierten Geschichtsunterricht bzw. ein besonderes Projekt? Vor einigen Jahren hat ein Schüler eine vorzügliche Seminarfacharbeit über die Geschichte der DNVP im Emsland geschrieben, die dann nach Überarbeitung und ergänzender Hilfestellung durch den Herausgeber in der Reihe „Emsländische Geschichte“ veröffentlicht wurde. Das Beispiel ist sicher eine Ausnahme, zeigt aber, welche Möglichkeiten das häufig noch nicht „beackerte Feld“ der Regionalgeschichte bieten kann. Ein Kollege hat sich einmal in einer Arbeitsgemeinschaft mit der Entstehung des Maristenklosters in Meppen befasst und eine viel beachtete Ausstellung erarbeitet. Und im Seminarfach „Nationalsozialismus im Emsland“ ist in Projektarbeit die Erinnerungsfeier der Stadt Meppen zur Reichspogromnacht 2011 in Kooperation zwischen der Stadt, einer Kirchengemeinde und einer Schülergruppe vorbereitet worden.

Der Nationalsozialismus wird an Gymnasien in der Jahrgangsstufe 10 behandelt: Haben Sie dabei auch schon regionale Quellen eingesetzt – vielleicht auch bei der Behandlung anderer Epochen? Neben der Behandlung im normalen Geschichtsunterricht haben verschiedene Kollegen unserer Schule „Nationalsozialismus im Emsland“ als Seminarfachthema gewählt, wodurch es möglich wurde, Facharbeiten aus diesem Bereich zu vergeben, die häufig erstaunliche Ergebnisse erbrachten. Und zum festen Bestandteil des Geschichtsunterrichts gehört bei uns seit Jahren der Besuch des DIZ in Papenburg, jetzt in der Gedenkstätte Esterwegen. Und der Absolutismus kann am Beispiel Clemens August und Schloss Clemenswerth thematisiert werden.

Drei Jahre haben Sie jetzt an diesem Unterrichtsmaterialien-Projekt mitgearbeitet: Was war für Sie spannend, und was war Ihr Part in diesem Team? Das Material lag weitgehend vor, da Johannes Burrichter und Heiner Wellenbrock bereits in den 1980er-Jahren im LWH eine Ausstellung zum Thema erarbeitet hatten – eine wahre Pionierarbeit. Es galt nun zunächst eine Struktur zu erstellen, die sich an gängigen Lehrwerken orientierte. Für die einzelnen Kapitel wurden passende Quellen gesucht und für die praktische Verwendung im Unterricht bearbeitet, also in der Regel gekürzt. Jedes Teammitglied hat für seine Kapitel Arbeitsaufträge formuliert und die Einleitungen geschrieben. Spannend war für mich die Diskussion mit Fachleuten, die nicht im Schulbereich tätig sind. Jetzt hoffe ich natürlich, dass mit den Materialien gearbeitet wird. Und ich denke, dass die Chancen nicht schlecht sind. Das Layout ist von Fachleuten gestaltet worden. Die Praxistauglichkeit ist aber auch dadurch gegeben, dass sich jeder Schüler die entsprechenden Seiten im Internet herunterladen kann.