Gymnasium Marianum
Meppen
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Dr. Rudolf Seiters


„Geschichtsstunde“ zur Deutschen Einheit

 
Von M. Voetlause
Am Donnerstag, 3. März 2011, hielt Dr. Rudolf Seiters, ehemaliger Kanzleramtsminister und Innenminister der Bundesrepublik und langjähriger Bundestagsabgeordneter (1969-2002) vor Schülerinnen und Schülern, Kolleginnen und Kollegen und der interessierten Öffentlichkeit einen Vortrag zum Thema „Der Zusammenbruch der DDR und die deutsche Einheit“ in der Aula des Marianums.

Da es sich dabei um ein Thema für das niedersächsische Zentralabitur im Fach Geschichte handelt, war das Interesse bei den Oberstufenschülern besonders groß, mit einem maßgeblich an der Verwirklichung der Einheit beteiligten Politiker – Dr. Seiters war 1989-1991 Minister im Bundskanzleramt – eine „Geschichtsstunde“ (so unser Schulleiter Leo Pott in der Begrüßung) besonderer Art zu erleben.

Dr. Seiters steckte zunächst knapp den Rahmen der Ereignisse ab, die 1989 zu den Veränderungen führten, die eine Wiedervereinigung Deutschlands 1990 möglich machten. Hier sei vor allem das veränderte politische Klima in der Sowjetunion unter der Führung Michail Gorbatschows zu nennen, aber auch der große Mut Ungarns, die Grenze zu Österreich zu öffnen. Damit sei „der erste Stein aus der Mauer gebrochen“ worden. Diese Entwicklung habe den Menschen in der DDR den Mut gemacht, etwas verändern zu können. Die Ausreise der Botschaftsflüchtlinge aus der Prager Botschaft am 30. September sei ein zweiter wichtiger Schritt gewesen. Dennoch habe bis zum Herbst 1989 niemand in Ost und West daran geglaubt, eine Wiedervereinigung sei in greifbare Nähe gerückt. Für ihn selbst habe auch die Öffnung der Mauer am 9. November, die ein dritter Schritt in diese Richtung gewesen sei und an die er sich gern erinnere, diese Vorstellung noch nicht eröffnet. Erst am 19. Dezember, als Helmut Kohl vor der Frauenkirche in Dresden seine berühmte Rede hielt, habe er angesichts der Reaktion der Menschen eine baldige Wiedervereinigung für möglich gehalten.

Die Verhandlungen zur Wiedervereinigung seien schwierig gewesen, weil insbesondere die westeuropäischen Partner – hier sei vor allem die britische Premierministerin Margaret Thatcher zu nennen – erhebliche Bedenken gegen einen deutschen Einheitsstaat gehabt hätten. Ohne deren Einlenken, das Entgegenkommen Gorbatschows und Schewardnadses, die Unterstützung durch die polnische Gewerkschaft Solidarnosc, die Haltung des Papstes und die Offenheit der Verhandlungspartner in der DDR wäre die Wiedervereinigung, für die es mit großer Wahrscheinlichkeit nur ein kleines Zeitfenster gegeben habe, nicht möglich gewesen. Der Vorwurf, der Beitritt der DDR zur Bundesrepublik sei überhastet erfolgt, ließe sich vor diesem Hintergrund entkräften, zumal die anhaltende Fluchtbewegung aus der DDR für beide Staaten ein großes Problem dargestellt und weil die DDR (Volkskammerbeschluss vom 23. August 1990) die Wiedervereinigung gewollt habe.

Im Anschluss an die Rede nutzten die Zuhörer die Gelegenheit Fragen zu stellen, um das Gesamtbild dieser spannenden Phase deutscher Geschichte zu vervollständigen. Dr. Seiters zog auch hier – wie schon in seiner Rede – durch den Rückgriff auf persönliche Erfahrungen und die Schilderung auch komischer Begebenheiten die Zuhörer in seinen Bann, sodass diese „Geschichtsstunde“ für alle zu einem bereichernden Erlebnis wurde.